"Wer will jetzt noch Aktien kaufen?"

Angebot und Nachfrage

Die globalen Aktienmärkte haben ein neues Allzeithoch erreicht, Fondsmanager investieren fleißig in Aktien und die Zahl der Aktionäre ist seit Jahren relativ hoch – einigen US-Umfragen zufolge besitzen heute mehr Haushalte Aktien als auf dem Höhepunkt der Dotcom-Blase. Wer soll in diesem Umfeld überhaupt noch die Käuferseite stärken und dadurch die Aktienpreise weiter nach oben treiben?

Die herkömmliche Weisheit besagt, dass Aktienmärkte steigen, wenn Geld „hereinströmt“. Angebot und Nachfrage bestimmten den Preis - und neu investierte Mittel bedeuten eine höhere Nachfrage nach einem Vermögenswert, dessen Angebot kurzfristig festgelegt ist, woraufhin die Preise steigen. Doch diese einfache Logik führt schnell zu dem Irrglauben, dass Aktien „Bargeld an der Seitenlinie“ oder „trockenes Pulver“ benötigen, um weiter zu steigen.

Neue Nachfrage nur durch „neues“ Geld?

Jeder Anleger kann Gebote für Aktien in seinem Besitz annehmen und sie mit einem kleinen Aufschlag verkaufen. Ebenso kann jeder Anleger Gebote für Aktien abgeben, die er als interessant erachtet – und somit die Erlöse aus seinen Verkäufen reinvestieren. Für den Fall, dass der Verkäufer der interessanten Aktie nicht bereit ist, sie „billig“ zu verkaufen, muss der Käufer den Preis eben etwas höher ansetzen.

Unter dem Strich ist kein neues Geld in die Aktienmärkte geflossen, verschiedene Aktien haben lediglich ihren Besitzer gewechselt. Am Ende funktioniert der Aktienmarkt wie eine riesige Auktion mit Millionen von Teilnehmern. Ihre kollektive Bereitschaft, „etwas mehr“ für den Besitz bestimmter Aktien zu bezahlen, sorgt im Endeffekt für steigende Preise. Es braucht dazu keine neuen Käuferschichten, denn der Markt ist groß und vielfältig genug, dass durch das ständige Kaufen und Verkaufen der bestehenden Marktteilnehmer eine gesunde Nachfragesituation geschaffen wird. Das ist einer der Vorzüge eines liquiden Marktes.

Wie lange hält der Bullenmarkt durch?

Solange das kollektive Universum der Anleger insgesamt und im Durchschnitt bereit ist, bei ihren Aktienkäufen „etwas mehr“ zu zahlen – egal, ob diese Liquidität aus dem Verkauf einer anderen Aktie stammt oder aus einer anderen Anlageklassen geschöpft wird. Bärenmärkte beginnen, wenn der kollektive Wunsch der Marktteilnehmer, höhere Kaufpreise für Aktien zu bieten (wie bei einer Auktion), ins Gegenteil umschlägt. In diesem Gegenszenario existiert die kollektive Bereitschaft, beim Verkauf eigener Aktien einen relativ niedrigen Preis zu akzeptieren. Weil Anleger einfach möglichst schnell aus diesen verflixten Aktien aussteigen wollen. Dieser Vorgang, millionenfach wiederholt, führt in einem Bärenmarkt dazu, dass Aktien einen langen, zermürbenden Abhang hinunterrutschen. Es beginnt zunächst sanft, weil es genügend hoffnungsvolle Käufer gibt, die in den ersten Preisnachlässen eine großartige Einstiegschance sehen. In der Regel endet es mit einem späten Blutbad, wenn sich die Rückgänge verstärken und wahllose Panikverkäufe die Oberhand gewinnen. Und dann beginnt ein neuer Bullenmarkt mit den mutigen, risikofreudigen Menschen, die bereit sind, langfristig zu denken und im Höhepunkt des Pessimismus kaufen.

Fazit

Wer soll in der aktuellen Marktphase überhaupt noch kaufen und die Aktienmärkte zu neuen Höchstständen antreiben? Die Antwort lautet – wir alle in der Welt der Investoren, die kaufen wollen. Solange der kollektive Wunsch der Anleger intakt ist, Aktien besitzen zu wollen, hat dieser Bullenmarkt noch einiges vor sich.

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