"Sind Aktienmärkte teuer geworden?"

Bewertungen im Fokus

In letzter Zeit mehren sich die Stimmen, die Aktienmärkte als „relativ teuer“ einstufen und somit in absehbarer Zukunft allenfalls „mittelmäßige Renditen“ erwarten. Begründet wird diese Sichtweise mit hohen Kurs-Gewinn-Verhältnissen (KGVs) – eine häufig auftretende Sorge.

Nicht rückwärts denken

Tendenziell wird in den KGV-Diskussionen oft ignoriert, dass es sich um eine rückwärtsgerichtete Kennzahl handelt. Beim „nachlaufenden“ KGV – Aktienkurse geteilt durch die Gewinne der letzten zwölf Monate – ist es offensichtlich, beim „erwarteten“ KGV – Aktienkurse im Vergleich zu den Gewinnerwartungen für das nächste Jahr – ist es etwas besser versteckt. Die Gewinnerwartungen mögen versuchen, in die Zukunft zu blicken, aber sie werden von der jüngsten Vergangenheit beeinflusst und verschieben sich mit den früheren Ergebnissen nach oben und unten. Und Aktienkurse sind eine Momentaufnahme der vergangenen Performance, welche niemals Rückschlüsse auf die Performance der nahen Zukunft zulässt.

Sorgen vor hohen KGVs

KGVs erreichen häufig ihren Höchststand in der Nähe von Aktienmarktspitzen. Das ist ein wichtiger Grund, warum Anleger hohe KGVs nicht mögen. Aber sie neigen auch dazu, in neuen Bullenmärkten früh in die Höhe zu schießen, wobei der Effekt bei den nachlaufenden KGVs besonders ausgeprägt ist. Folglich ist es unsinnig, allein aus dem Niveau eines KGVs großartige Schlüsse zu ziehen. Die Tatsache, dass dieser Bullenmarkt im historischen Vergleich noch keine zwei Jahre alt ist, gibt unserer Meinung nach Anlass, tief durchzuatmen.

Schwankungen sind normal

Gewisse Schwankungen können jederzeit auftreten. Der Fokus liegt oft auf den Aktienkursen, zwangsläufig sind aber die Gewinne der Unternehmen ebenso relevant. In Bullenmarktphasen sorgen Gewinne dafür, dass der Nenner in der KGV-Gleichung anwächst, in Krisenzeiten sinkt er. Das macht die KGVs unübersichtlich, weil sich die zukunftsorientierten Aktienmärkte zuerst bewegen. In Bärenmärkten fallen die Aktienmärkte, da der Markt die zunehmende Wahrscheinlichkeit eines Gewinnrückgangs einpreist. Dieser Abschwung tritt in der Regel erst ein, wenn der Bärenmarkt bereits seit einiger Zeit im Gange ist. Manchmal beginnt er auch erst, wenn sich die Aktien - immer noch zukunftsorientiert - bereits erholt haben. In jedem Fall aber erholen sich die Aktien in der Regel, bevor die Gewinne steigen. Daher kommt es zu Beginn eines Bullenmarktes zu dieser seltsamen Kluft, bei der die Aktien steigen, während die Gewinne fallen. Dies führt zu einer Verzerrung der KGVs - der Zähler springt, während der Nenner sinkt. Das bedeutet nicht, dass die Aktien überbewertet sind, es ist reine Mathematik und in gewisser Weise mit der heutigen Situation vergleichbar. Wichtig ist, dass zukunftsorientierte Faktoren für ein weiteres Gewinnwachstum sprechen, vor allem die steigende Dynamik der Unternehmensinvestitionen. Unternehmen investieren ihre Gewinne wieder in ihr Kerngeschäft und starten neue Projekte, verfügen über robuste Bilanzen und hohe Liquidität.

Fazit

Solange hohe Zinsen die Diskussion beherrschen und Bewertungsängste durchdringen, bleibt das Gewinnwachstum „ungeliebt“ – und das ist ein gutes Zeichen. Es bedeutet, dass die Aktienmärkte viele positive Überraschungen einpreisen sollten. Ganz gleich, was die Schlagzeilen heute über die Kurs-Gewinn-Verhältnisse aussagen. Generell ist die Diskussion über rückwärtsgerichtete Kennzahlen und ihre Durchschnittswerte nicht wirklich zielführend, wenn es um erfolgreiche Aktieninvestitionen geht.

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