"Die Inflation verlangsamt sich"
Ein Mix aus Hoffnung und Sorgen
Die jüngsten US-Inflationswerte fielen etwas moderater aus und bescherten den globalen Börsen vor rund zwei Wochen einen hervorragenden Tag. Die kräftige Reaktion der Anleger auf die Zahlen, die letztendlich nur leicht besser waren als erwartet und absolut betrachtet immer noch auf einem hohen Niveau sind, verdeutlicht die pessimistische Grundstimmung.
Die Sorgen sind jedoch längst nicht beseitigt. Viele befürchten, dass die hohe Inflation in nächster Zeit nicht nachlassen wird und die positiv aufgenommenen Oktoberwerte falsche Hoffnungen erzeugen. Nach Ansicht der Experten haben die Fed und die EZB noch viel Arbeit vor sich.
Inflation ist volatil
Wir sind grundsätzlich der Ansicht, dass die Daten eines einzigen Monats eine zu geringe Aussagekraft besitzen. Statt sich mit rückwärtsgerichteten Inflationsdaten zu befassen, die keine Prognose für die Zukunft zulassen, sollte der Blick auf die nahe Zukunft gerichtet werden. Hierbei sehen wir zunehmende Anzeichen für eine Verlangsamung der Inflation, wodurch eine der hartnäckigsten Befürchtungen dieses Börsenjahres endlich schwinden kann.
Die Hoffnung ist berechtigt
M4, die breit gefasste US-Messgröße für die Geldmenge, ist seit geraumer Zeit rückläufig. Zuletzt ging die Wachstumsrate auf 1,9 Prozent (Jahressicht) zurück. Der Druck auf die Lieferketten, ausgedrückt über den Global Supply Chain Pressure Index, hat sich spürbar verringert. Im Hinblick auf die Inputpreise zeigen die jüngsten Umfragen des ISM, dass Unternehmen sowohl im verarbeitenden Gewerbe als auch im Dienstleistungssektor tendenziell sinkende Preise erwarten. Auch die Märkte spiegeln den wahrscheinlich nachlassenden Inflationsdruck wider: Die Differenz zwischen den Renditen fünfjähriger Staatsanleihen und inflationsgeschützten Wertpapieren beträgt nur noch 2,3 Prozent. Die US-Mietpreise sind rückläufig, der Aufwärtsdruck auf die internationalen Lebensmittelpreise lässt nach – es existiert eine ganze Reihe von Datenpunkten, die eine Verlangsamung der Inflation nahelegen.
Positioniert für die Erholung
Die Inflation war ein wichtiger Einflussfaktor, der die Stimmung in diesem Jahr stark eingetrübt hat. Aktienanleger haben im Börsenjahr 2022 diesbezüglich eine schwierige Zeit erlebt, wir glauben aber nicht, dass die Inflation selbst die Ursache für die nachhaltige Abwärtsbewegung war. Schließlich hat die US-Wirtschaft trotz weit verbreiteter Ängste eine Rezession (bisher) vermieden - und eine bevorstehende Rezession in den kommenden Quartalen ist auch noch längst keine ausgemachte Sache. In der Zwischenzeit sind die Gewinnmargen der Unternehmen und die Investitionen sehr robust geblieben. Doch nun deuten Anzeichen für ein Nachlassen des Inflationsdrucks darauf hin, dass der Pessimismus im Hinblick auf die zukünftige Inflation überholt sein könnte – dadurch wird die vorteilhafte Situation erzeugt, dass die Realität beste Chancen hat, die niedrige Erwartungshaltung zu übertreffen.
Fazit
Das Börsenjahr 2022 war für Anleger bisher eine harte Geduldsprobe, jetzt keimt im Rahmen der nachlassenden Inflationsangst neue Hoffnung auf. So schnell werden sich viele Marktbeobachter allerdings nicht von ihrer pessimistischen Haltung lösen können, volatile Zahlen werden immer wieder neue Sorgen befeuern. Die Rahmenbedingungen für eine spürbare Erleichterung sind jedoch gesetzt. Die Aktienmärkte werden mit ihrer Erholungsbewegung wie üblich nicht darauf warten, bis die Mehrheit der Anleger wieder ins Lager der Optimisten gewechselt hat.