"Das war ja klar"

Jahresprognosen bereits deutlich übertroffen

Zu Beginn des Börsenjahrs 2017 herrschte eine gedämpfte Erwartungshaltung. Das Fazit in der Handelsblatt-Ausgabe zu Jahresbeginn lautete: „Der DAX wird kaum steigen“. Im Durchschnitt pendelten sich die Prognosen der Banken für den DAX bei 11.700 Punkten ein. Die höchsten Prognosen - von BNP Paribas und JP Morgan - sahen den DAX zum Jahresende bei 12.300 Punkten. Insgesamt lagen die Prognosen historisch eng zusammen, Ausreißer-Prognosen gab es keine.

Aktuell steht der DAX bei 12.700 Punkten. Alle Erwartungen bereits übertroffen! Was bedeutet das für den weiteren Jahresverlauf? Setzt sich die Erkenntnis unter Banken durch, dass die Prognosen für 2017 zu defensiv ausgerichtet waren? Mitnichten - es läuft ab wie immer: Die Erwartungshaltung wird einfach an die Entwicklung in der Realität angepasst, mit einer bestechenden Selbstverständlichkeit. Positive Aktienmärkte und Erleichterung in Europa? Das war ja angeblich klar! Unfug! Niemand hatte das prognostiziert.

Meinungen sind volatiler als Fakten

Im Jahr 2016 lief dieses Spielchen umgekehrt: Nach der schwachen ersten Jahreshälfte wurden die Prognosen im Schnitt von 11.700 auf 10.300 Punkte nach unten revidiert. Dass zum Jahresende mit 11.481 Punkten der ursprüngliche Konsens dann doch noch fast getroffen wurde, kann mehr oder weniger als zufällig bezeichnet werden. „Die Vorsicht der Analysten bei Aktien ist umso höher zu bewerten, als sie bei der Umfrage des vergangenen Jahres mit ihren Prognosen richtig lagen“, so die Einschätzung des Handelsblatts zu Jahresbeginn. Nüchtern betrachtet ist allerdings nicht die „Vorsicht der Analysten“ hoch zu bewerten, sondern vor allem Vorsicht bei der Interpretation der Prognosen selbst geboten - es handelt sich um schlichte Meinungen, die ebenso volatil sind wie die Märkte selbst.

Die „Schulz-Korrektur“

Nicht nur an den Aktienmärkten wird im Jahr 2017 eine veränderte Erwartungshaltung zu beobachten sein, auch in der politischen Landschaft ist jede Menge Bewegung im Spiel: Zum Amtsantritt von Martin Schulz legte die SPD in den Umfragewerten kräftig zu, überholte teilweise die CDU und ließ eine parteiinterne Welle der Euphorie aufkeimen. Per heute ist der vielzitierte Schulz-Effekt jedoch wirkungslos verpufft: Die Umfragewerte sind wieder da, wo sie zu Jahresbeginn lagen, bei den bisherigen Landtagswahlen konnte die SPD alles andere als glänzen und der „Schulz-Zug“ wurde zur „Schulz-Korrektur“.

Eine Korrektur an den Aktienmärkten tritt plötzlich auf, hat selten fundamentale Gründe und wird von der Marktstimmung getrieben. Sie verschwindet ebenso plötzlich wieder, wie sie aufgetreten ist. Märkte folgen wieder ihrem übergeordneten Trend und schon nach kurzer Zeit geraten die Kurskapriolen in Vergessenheit. Die Analogie zu den Veränderungen in der deutschen Politiklandschaft ist nicht von der Hand zu weisen.

Fazit

Wie sollte man sich als Anleger jetzt verhalten? Die aktuellen Diskussionen verdeutlichen, dass sich viele Anleger nicht wirklich wohl in ihrer Haut fühlen. Sell in May, überdurchschnittliche KGVs, Höhenangst, auch nach der Frankreich-Wahl gehen die Themen nicht aus. Ein guter Ratschlag ist an dieser Stelle wie immer: Halten Sie sich an die Fakten, und lassen Sie sich nicht von volatilen Meinungen beirren. Wir befinden uns in einer wirtschaftlichen Expansionsphase und die relative Attraktivität der Aktienmärkte ist immer noch von historischem Ausmaß. Diese Fakten sind nicht so volatil wie Prognosen der Banken und Wahlumfragen. Garantiert.

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