Zusammenbruch zu befürchten?

Das Bild trübt sich weiter ein...

Ich staune immer wieder über die Hartnäckigkeit, mit der die Dollar-Pessimisten ihre - seit Jahresanfang offensichtlich falsche - Position in diesen Monaten verteidigen. Man liest immer wieder von angeblichen Zusammenhängen, die nüchtern betrachtet schlicht als Unsinn zu bezeichnen sind. Es gibt keine statistisch signifikante Korrelation zwischen der hohen Staatsverschuldung und den sonstigen, gerne diskutierten Problemen der Amerikaner und der Währungsentwicklung. Zudem sind diese "Fakten" längst bekannt und somit in den aktuellen Kursen diskontiert. Wie sollte man sich in diesem Umfeld als europäischer Investor verhalten?

Selektive Wahrnehmung

Die größten Fallen im Leben eines Investors entstehen durch simple psychologische Zusammenhänge. Niemand hat gerne Unrecht. Auch ich natürlich nicht. Man ist daher quasi "per Betriebssystem" immer versucht, seine eigene Meinung - auch wenn sie offensichtlich falsch ist - zu verteidigen. Rational betrachtet ist das natürlich gefährlich. Man sollte es stets vermeiden "schlauer als der Markt" zu sein.

Kritik ist immer gut

Meine Aussage in unserer Jahresprognose, dass der Euro in 2005 gegenüber dem US-Dollar zur Schwäche neigen und gegen 1,20 USD fallen werde, wurde heftig kritisiert. In den Fragestunden nach den Vorträgen wurde ich immer wieder auf die "vielen Probleme der Amerikaner" hingewiesen. Offensichtlich waren und sind diese Probleme also längst eingepreist. Unsere entscheidende Begründung mit der sich umkehrenden Zinsdifferenz zugunsten des Dollars wurde eher belächelt, traf jedoch ins Schwarze. Meine Erfahrung zeigt immer wieder, dass die Prognosen, die am heftigsten kritisiert bzw. ungläubig eher belächelt werden, sich als treffsicher herausstellen.

Kursbewegungen beschimpfen hilft nicht weiter

Richtig gefährlich wird es für Anleger immer dann, wenn sie emotional agieren, sich aber dessen nicht bewusst sind. Man muss schon staunen, was man über den US-Dollar alles zu lesen bekommt. Wenn er fällt, ist das in den Medien - und auch unter einigen Analysten - ein Spiegelbild der US-Probleme in Sachen Verschuldung, Immobilienmarkt und diverser Defizite. Wenn der US-Dollar aber steigt, dann werden die abenteuerlichsten Zusammenhänge konstruiert, um das zu "erklären". Ein Analyst einer norddeutschen Landesbank - dessen anti-amerikanische Einstellung man sonst nur in diversen Börsenforen zu lesen bekommt - kommt reihenweise mit haarsträubenden Argumenten daher. Immer wieder werden Kursbewegungen von ihm als "unvernünftig" oder "falsch" bezeichnet. Anleger würden "die Realität ignorieren", schreibt er auch gerne. Selbst Verschwörungen der Presse sollten schon hinter den Kursrückschlägen beim Euro stecken. Hüten Sie sich vor einer solchen, emotionalen Herangehensweise. Kursbewegungen haben immer einen Grund. Es gibt keine "dummen" oder "schlauen" Bewegungen, sondern nur Bewegungen, die man eben richtig oder falsch einschätzt.

Währungsverhältnis immer relativ

Die Kursbewegungen vieler Währungen werden erstaunlicherweise oft isoliert betrachtet. Quasi als ein Bestandteil eines Währungspaares für sich. Es ist doch unbestritten, dass die Außenhandels- und Leistungsbilanzdefizite der Amerikaner hoch sind, dass die Immobilienpreise in einigen Bereichen "extrem" sind und auch, dass Wirbelstürme und Kriegseinsätze teuer sind. Aber hilft das wirklich weiter? Das ist doch alles hinlänglich bekannt und kein "Wissensvorsprung". Schauen wir uns doch einmal die andere Seite der Medaille an: Den Euro. Niemand wird ernsthaft bestreiten, dass auch Europa schwerwiegende - wenn nicht größere - strukturelle Probleme als die USA hat. Die Bevölkerung ist im "Europa-Zug" nicht mitgefahren. Die Volksabstimmungen über die europäische Verfassung sind in vielen Ländern gescheitert und würden auch in Deutschland - wenn man den Umfragen glaubt - grandios scheitern. Es gibt weiterhin keine einheitliche Außen- und Sicherheitspolitik und vor allem keine gemeinsame Steuer- und Finanzpolitik im europäischen Währungsraum. Die wirtschaftliche Dynamik spielt sich vor allem in den "neuen europäischen Ländern" ab, die dem Euro-Verbund noch gar nicht beigetreten sind. Was glauben Sie, würde mit dem Euro passieren, wenn sich die "bösen Hedgefonds" einmal dem Euro "annehmen" würden? Erinnern Sie sich an George Soros, der das britische Pfund damals in die Knie zwang? Im Herbst 1992 sah sich die Bank von England dann gezwungen, das Pfund Sterling aus dem Europäischen Währungssystems (EWS) zu nehmen und das Pfund abzuwerten.

Technische Konstellationen werden ignoriert

Der Monatschart spricht eine klare Sprache. Der Euro hat seit Jahresbeginn bereits über 17 Cent verloren. Die Stimmung für den Euro ist trotzdem weiter erstaunlich gut. Eine drohende Schulter-Kopf-Schulter-Formation ist nun zu erkennen. Ein Bruch der Nackenlinie, die aktuell - je nach Definition - zwischen 1,18 und 1,19 USD verläuft, hätte ein theoretisches Kursziel von ca. einem USD (der Parität) zur Folge. Dies sollte man als Euro-Optimist unbedingt beachten...

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Euro-USD Tageschart

Die kurzfristige Situation ist weiterhin widersprüchlich. Es ist immer noch fraglich, ob der laufende Abwärtsimpuls seit Jahresanfang - mit dem Anstieg bis ca. 1,26 USD - bereits korrigiert wurde, oder ob der aktuelle Downmove - als Welle 5 - noch zu diesem Abwärtsimpuls gehört. Die positive Divergenz im MACD hat weiter Bestand. Im Bereich um 1,19 USD verlaufen zusätzlich einige, wichtige Unterstützungen.

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Fazit

Die Ausgangssituation für den Euro hat sich - allen US-Dollar-kritschen Meinungen zum Trotz - weiter verschlechtert. Gelingt der europäischen Einheitswährung nicht bald eine ausgedehnte Bewegung nach oben, so ist ein nachhaltiger Rückgang zu erwarten.

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