Das Spiel mit der Angst...

Pessimismus liegt im Trend und wird geschickt ausgenutzt.

Erinnern Sie sich an die Stimmung unter den Anlegern Mitte August diesen Jahres? Der DAX markierte sein bisheriges Jahrestief am 16. August bei 3618,58 Punkten. Der S&P 500 erreichte sein Jahrestief ebenso wie der Nasdaq 100 bereits am 13. August bei 1060,74 Punkten bzw. 1301,93 Punkten. Crashprognosen machten die Runde und sprachen den ohnehin verängstigten Anlegern aus der Seele.

Böse Bärenfalle

Viele Investmentbanken, Charttechniker und Kommentatoren verwiesen damals darauf, dass nun wichtige Marken nach unten durchbrochen seien und ein dynamischer Kurssturz zwangsweise erfolgen solle. Ich wies auch an dieser Stelle auf die, trotz dieser Unkenrufe, positiven Aussichten hin. Seit den Tiefstständen am 13. bzw. 16. August konnten die Märkte eine breite Rallye hinlegen. Der DAX ist bis heute um 16% gestiegen, der S&P 500 um 12% und der Nasdaq 100 sogar um 23%. Der kurzfristige Durchbruch nach unten erwies sich als eine böse Bärenfalle. Absicherungen oder Shortpositionen zu diesem Zeitpunkt, dürften sich rückblickend als der zentrale Fehler des Jahres 2004 erweisen. Hat die Rallye der vergangenen drei Monate die Stimmung unter den Anlegern signifikant verbessert? Nein.

Psychologischer Hintergrund

Unsere ?Wahrnehmungsschwelle? ist bei negativen Nachrichten grundsätzlich sensibler als bei positiven Meldungen, da uns schlechte Meldungen Gefahr signalisieren. Die Evolution hat den Menschen diesen Mechanismus als Schutzfunktion eingebaut. Anleger können daher niemals objektiv sein. Es ist ungeheuer wichtig, Vergleichsmaßstäbe, Statistiken und so weit wie möglich neutrale Indikatoren zu nutzen um dieser emotionalen Falle zu entgehen. Viele Crashpropheten führen seit nunmehr über zwei Jahren als Begründung für ihre Weltuntergangsszenarien immer wieder neue Indikatoren an, die einer statistischen und historischen Überprüfung nicht stand halten und lediglich die pessimistische Einstellung des Verfassers dieser Analysen widerspiegeln.

Medien und Wirtschaft nutzen die Ängste der Menschen

Die negativen Meldungen beherrschen weiterhin die Nachrichten. Die Probleme bei KarstadtQuelle oder Opel sorgen für Schlagzeilen. Aus Angst vor Klagen der Aktionäre geben die Vorstände der Unternehmen nur noch sehr vorsichtige Prognosen ab. Die Unternehmen, Politik und Wirtschaftsverbände nutzen diese Zukunftsangst geschickt aus und setzen gezielt ihre Interessen durch, da die meisten Menschen aus Angst um ihren Arbeitsplatz zu weitreichenden Zugeständnissen bereit sind. Die Medien tendieren in diesem Umfeld ebenfalls dazu, angebliche Skandale oder Unglücksmeldungen aufzubauschen. Sie wissen sehr wohl, dass negative Meldungen eine höhere Aufmerksamkeit erzielen und damit direkt die Einschaltquoten oder Auflagen erhöhen. Die Realität wird nur verzerrt wiedergegeben.

Positive Meldungen werden ignoriert

Haben Sie das bemerkt? Die Gewinne der 30 DAX-Unternehmen sind in den letzten beiden Jahren rasant angestiegen. Sie werden nach einer Schätzung des international führenden Finanzdatenanbieters JCF und Ibes in diesem Jahr so viel verdienen wie noch nie und 60% mehr als noch in 2003. Gegenüber dem bisherigen Rekordjahr 2000 beträgt der Zuwachs über 10%. Die deutschen Konzerne erhöhen ihre Dividenden um rund 40%. Mit 15,2 Milliarden Euro werden die 30 DAX-Unternehmen fast so viel ausschütten wie im Rekordjahr 2000. 2005 wird sich dieser positive Trend fortsetzen.

Ein interessantes Phänomen

Die meisten der Anleger, mit denen meine Mitarbeiter oder ich in diesen Tagen sprechen sind weiterhin extrem verunsichert und skeptisch. Es werden ständig die gleichen Bedenken geäußert. Es erwarten zwar vereinzelte Investoren eine Fortsetzung der Rallye, sind jedoch selbst nicht oder nur geringfügig investiert. Wir beobachten in den letzten Wochen ein interessantes Phänomen in unserer Vermögensverwaltung. Wir bekommen auffällig viele Anfragen und Neukunden, da das Jahr 2004 die Anleger "zermürbt" hat. Viele dieser Interessenten sind selbst gar nicht besonders optimistisch für die Aktienmärkte, wollen jedoch einerseits ihren deutlich zu geringen Aktienanteil im Portfolio aufstocken und haben andererseits mit ihren eigenen Transaktionen in den letzten Jahren wenig Erfolge verbuchen können. Die Aufwärtsbewegung der letzten beiden Jahre wurde oftmals verpasst. Die Anleger beginnen wieder darüber nachzudenken, wie man Geld verdienen kann. Die übergroße Skepsis und schlichte Angst beginnt langsam zu entweichen.

Fazit

Negative Nachrichten beherrschen immer noch die Schlagzeilen, da diese wesentlich mehr Aufmerksamkeit erregen und emotionalisieren. Banken raten weiterhin zu großer Vorsicht. Die Aktienmärkte profitieren von einer extrem günstigen - im Verhältnis zu den Anleihemärkten - relativen Bewertung. Europäische Aktien sind mit Kurs-Gewinn-Verhältnissen um 10 bis 12 sehr billig, Anleihen mit Werten zwischen 26 und 33 extrem teuer! Diese Situation ist historisch sehr selten und die "Fehlbewertung" sollte sich in den nächsten Monaten auflösen.

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